Nahe des Kunsthauses steht ein Jugendstilbau, der mit seinem Krüppelwalmdach und der repräsentativen Strassenfassade Gelassenheit ausstrahlt. 1914 erbaut, schrieb er als erste halbautomatische Telefonzentrale der Schweiz Geschichte. 1944 erhielt er einen Anbau, der mit würdevoller Strenge weitere Wählersäle maskierte. 1977 erfolgte der letzte Eingriff: Der Erweiterungsbau wurde um ein Geschoss aufgestockt und mit Technik ergänzt. Im Zuge dessen fielen ein Turm sowie Dachfenster des Altbaus zum Opfer. Seither diente der Bau als Bürogebäude, dessen teils leerstehende Räumlichkeiten nun einer Sanierung und Neukonzeption bedurften.
Dass das Ensemble jüngst saniert, das Dach des Altbaus ausgebaut und Fensterpartien verlängert wurden, verrät von aussen kaum etwas. Innen fügen sich Nahtstellen und Kontraste zum spannungsvollen Ganzen. Dabei kommen verschiedene Erzählstränge zum Zug: Das Treppenauge des 1940er Baus wird von einer Kaskade linearer Leuchtkörper inszeniert, die wie Blitze in die Tiefe stürzen und so die Geometrie des Bestandsgeländer ergänzen. Desgleichen im Altbau. Hier trifft respektvolle Restauration auf punktuelle Neuinterpretierungen, die im Zusammenspiel historisch wirken.
Nicht nur das Treppenhaus des Altbaus, auch Täfer und Einbauten der ersten Büroetage erfuhren eine sorgfältige Auffrischung. Deutlicher zeigt sich der Umbau im überhohen Dachraum: Um Anforderungen an Arbeitsräume überhaupt zu erfüllen, bedurfte es einer Vergrösserung der Fenster bzw. Herabsetzung der Brüstungshöhen. Da sich dies ohne Auswirkung auf statische Struktur und Hierarchie des Fassadenausdrucks realisieren liess, gab die Denkmalpflege grünes Licht. Darüber hinaus verleiht die Neuinterpretation einer illuminierten Kassettendecke der Decke nun reliefartige Tiefe und erinnert an die einst eliminierten Lichtquellen im Dach. (mc)