Im Rücken die stark befahrene Tièche-Strasse, hangabwärts das beinahe dörfliche Bild aus Punkthäusern und einer Kirche, im Westen der kolossale Riegel einer Genossenschaft: Der Ersatzneubau von Züst Gübeli Gambetti ist umringt von einer denkbar gemischten Nachbarschaft. Seine polygonale Form ist der Parzellenform geschuldet, deren baurechtliche Möglichkeiten er ausreizt. Zugleich passt er sich bestens in das heterogene Umfeld ein. Die Hauptrolle kommt indes einer wuchtigen Rotbuche zu; von der Strasse her ist zunächst nur die Krone sichtbar, dann schiebt sich der eigens für den Baum zurückversetzte Backsteinbau ins Sichtfeld.
Der Dreigeschosser mit Attika nimmt sieben Wohnungen in sich auf, wobei sich seine wahre Grösse erst Richtung Stadt offenbart. Innen herrschen individuelle Wohnungszuschnitte statt gestapelter Kammerspiele. Dank der speziellen Grundform unterscheidet sich die Raumwirkung in jeder Wohnung. Im Grundtyp sorgt sie für Offenheit und – dank deckenhoher Schiebetüren – für Durchblicke von Fassade zu Fassade. Äussere Raumschichten nehmen Schlafkammern und Bäder auf. Dazwischen schieben sich trichterförmige Wohnräume, deren Fenster, Erker und Loggien das Aussen wie Bilder rahmen.
Es sind Innenräume die bergen, ohne zu beengen; Räume, in denen man sich selbst ohne Möbel zuhause fühlt. Dafür sorgen plastische Nischen und Holzeinbauten. In den Wohnräumen der unteren Etagen entwickeln sich aus Raummöbeln Sitzbänke, die die teils tieferliegenden «Wohnwannen» auch als aufklappbare Truhen begleiten. Dramaturgien, die den nomadischen Alltag der Bewohner erleichtern und die Bewohner in ein neuzeitliches Futteral betten. Dabei ersetzen Beton, Eiche und der Blick auf üppiges Grün die einlullende Gemütlichkeit der Gründerzeit, sie wirken stimulierend. Allein das Aussen des Baus setzt einen Kontrapunkt, sein trutziger Ausdruck zeugt vom Pendeln zwischen den Welten. (mc)