Ein Aktionsfeld im urbanen Hinterhof der City ist Oerlikon. Angeschoben durch das aus Industrieruinen erwachsene Zürich Nord und verdrängte Bewohner- und Arbeiterheere aus der Innenstadt, erlebt es ein Revival. Was viele beklagen: Nur punktuell existieren Dienstleistungen für die rasch gewachsene Bevölkerung – und mit belebendem Effekt für das Strassenbild. Züst Gübeli Gambetti plante deshalb an einer der großen Ausfallachsen der Stadt ein stimulierendes Gefäß für ortsspezifische Urbanität.
Der neue Stadtbaustein gibt sich als Blockrand und folgt einem explizit urbanen Kodex: Er grenzt direkt an die Strassenräume, die er mit kleinteiligen Erdgeschossnutzungen rhythmisiert. Dazu bildet der Sockel an den publikumswirksamen Seiten eineinhalbstöckige Wohn- und Gewerbeateliers aus, von wo aus Pioniernutzer den öffentlichen Raum kolonisieren. Seine Lage an der Kreuzung verleiht dem Haus eine starke städtische Präsenz. Die Präzision, mit der es auf die jeweilige Situation und unter Ausreizung der baulichen Vorschriften reagiert, kommt in seiner feinen Modellierung zum Ausdruck.
Die Gliederung der Fassade in Sockel, Mittelteil und Attika sowie spurenhafte Versatzstücke aus der Gründer- und Nachkriegszeit zitieren die heterogene Nachbarschaft. Dabei zeigt das Gebäude zwei Gesichter: Während sich die Hoffassade in ökonomischer Zurückhaltung übt, wirkt die reiche Schauseite zur Strasse hin eigentümlich vertraut – als wäre das Haus schon immer da gewesen. Seine subtile Plastizität und die Verlagerung der Schwerpunkte mittels Erker in die Straßen verleihen ihm nicht nur räumliche Kraft. Zusammen mit den französischen Fenstern und schmückenden Geländern verstärken sie die wohnliche Wirkung. (mc)